Das Umfeld verstehen und ein Stück weit vorausblicken: Diese Fähigkeiten möchten Lukas Bernhard und Prof. Dirk Wilhelm mit ihrem Team Robotern mitgeben, die künftig im OP eingesetzt werden. Sowohl der Roboter SASHA-OR als auch AURORA funktionieren bereits als Prototypen. Die OP-Roboter im MITI-OP-Lab greifen Instrumente und chirurgische Materialien und reichen sie den Operierenden an. „Bislang arbeiten solche Roboter allerdings noch recht langsam und nur auf Abruf“, sagt Ingenieur Bernhard, der deswegen derzeit an „mehr Kontextverständnis“ und „proaktivem Handeln“ arbeitet. Dafür muss der Roboter wissen, welche Schritte während einer Operation anstehen und schon bevor etwa Nahmaterial benötigt wird, dieses aus dem Sterilgutlager holen und anreichen. Für den Chirurgen Dirk Wilhelm kommt der technologischer Schritt wie gerufen: „Der Fachkräftemangel ist spürbar“, sagt der Arzt, der sich assistierende Unterstützung von der KI-gestützten Technologie erhofft.
Der stille OP: Voraussetzung ist ein intelligenter OP-Saal
Mehr als 20 Forschende arbeiten aktuell unter anderem daran, dass assistierende Technologie immer intelligenter wird. Während in der von Prof. Hubertus Feußner und Prof. Wilhelm vor knapp 25 Jahren gegründeten Arbeitsgruppe vor allem an Instrumenten gearbeitet wurde, mit denen Patient:innen diagnostiziert und operiert werden konnten, geht es heute nicht mehr „nur“ um minimalinvasive Laparoskopie und chirurgische Robotik für die klinische Praxis, sondern mehr und mehr auch um künstliche Intelligenz, also lernende Maschinen. Schon heute ist beispielsweise der sterile OP-Roboter SASHA-OR dazu in der Lage, das nächste benötigte chirurgische Instrument mit einer Genauigkeit von 70 Prozent vorherzusagen. Dies erlaubt es dem Roboter, das Instrument bereits zu greifen und anzureichen, bevor es benötigt wird, wodurch der gesamte OP-Ablauf deutlich flüssiger wird. Gelingt die Prädiktion in manchen Situationen nicht, muss die Sprachsteuerung aushelfen. Das Ziel ist allerdings, wie in einem gut funktionierenden OP-Team auch, ein stiller OP. Idealerweise ist er auch dann noch still, wenn Technologie eingesetzt wird. „Aktuell sind die OPs in vielen Krankenhäusern aufgrund von Personalmangel oft nicht vollständig ausgelastet, deshalb werden intelligente Assistenzroboter künftig eine immer größere Rolle spielen“, so Bernhard, der für den operativen Betrieb im MITI zuständig ist. Ebenfalls hilfreich in der medizinischen Praxis ist die Telediagnostik, in der Robotik unterstützen kann. Die Basis für den Einsatz von Telemedizin wurden im Projekt ProteCT bereits gelegt. Jetzt geht es im Forschungsprojekt 6G-life darum, herauszufinden, wie Verzögerungen in Übertragungswegen weiter verkürzt werden können. So können etwa Ärzt:innen aus einem medizinischen Kompetenzzentrum gebeten werden, aus der Ferne diagnostische Untersuchungen bei einer Patientin oder einem Patienten durchzuführen, wenn dessen Hausärzt:innen nicht über geeignete Geräte verfügen oder das spezifische Wissen fehlt.